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/ Der Arzt als Hotelier. Zukunftsvision oder reelles Szenario?

Vor kurzem hatte ich einen sehr interessanten Termin bei einem alpinen Hotelprojekt. Ein in die Jahre gekommenes Ferienhotel wechselte seinen Besitzer und soll nun mit neuen Eigentümern und frischem Kapital in eine, neue Erfolg versprechende touristische Zukunft geführt werden. So weit so bekannt.

Das Besondere an dem Projekt ist in keiner Weise seine wirtschaftliche Ausgangslage, auch nicht seine Größe. Was mir in Vorbereitung auf diesen Termin schon mehr ins Auge stach, war die Lage des besagten Anwesens hoch über einem bekannten, wenn auch touristisch ein wenig in die Jahre gekommenen reizenden Städtchens.   Auf einem kleinen Plateau gelegen und nur über eine (ebenfalls in die Jahre gekommene) Seilbahn zu erreichen, liegt das zu entwickelnde Objekt. Ruhig, erhaben und mit einem unvergleichlichen Panoramablick in die Wälder, Berge und Felsen.

Was dieses Hotelprojekt jedoch zu etwas wirklich Besonderen macht, sind die Käufer und nunmehrigen „Neo-Hoteliers“: ein junges Ärzte-Ehepaar aus Deutschland. Sie Internistin und Kardiologin, er Gastroenterologe. Beide mit einem fixen Arbeitsvertrag in einer angesehenen Klinik.

Da drängt sich mir schon die Frage auf, was ein best ausgebildetes Akademikerpaar mit guten Arbeitsverträgen, familienfreundlichen Arbeitszeiten, geregelten Urlaubszeiten und darüber hinaus mit besten klinikinternen Aufstiegschancen dazu bewegt, Ihren weißen Ärztekittel an den Nagel zu hängen und ins Hotelgeschäft wechseln.

Nun, man könnte dies natürlich für den berühmten statistischen Ausreißer halten, die in solchen Fällen immer zitierbare Ausnahme von der Regel. Ich meine jedoch, dass dies zu kurz greifen würde. Vor 20 Jahren, da stimme ich gerne zu, wäre dies wohl noch undenkbar gewesen. Ein Facharzt als Touristiker? Ein Zimmerverkäufer und Wirt? Das wäre wohl als ein karrieretechnischer Fehltritt, als Irrweg, als Abstieg oder als Flucht vor dem Arztberuf gesehen worden.

Wenn man jedoch nach einem ausführlichen Gespräch mit den medizinischen Junghoteliers von der Panoramaterrasse auf festen Boden zurückkehrt, dann stellt man folgendes fest: die tektonischen Verschiebungen, die sich in gesundheitstouristischer Sicht in den letzten Jahren abgezeichnet haben, scheinen nunmehr eine neue Dimension erreichen. Die Idee des gesundheitsfördernden Urlaubes hat die Schreibstuben der Trend- und Zukunftsforscher verlassen, die Idee wird mehr und mehr zum Fixpunkt moderner Lebensstilgestaltung und somit zum mainstream künftiger Urlaubsgenerationen. Und das ist beachtenswert.

Es ist beachtenswert, weil die alten Urlaubskonzepte des Erleben-Müssens, des organisierten Anti-Alltags und kompensierender Sinnesräusche zusehends Konkurrenz bekommen vom Konzept des ganzheitlichen „good-for-you“ Urlaubs. Und dieser soll zunehmend lebenstil-korrigierend und lebensstil-begleitend konzipiert sein, was wiederum ein profundes fachliches und medizinisches Fundament erforderlich macht.

So gesehen klingt es – im Lichte dieser Erkenntnisse – geradezu logisch, dass sich ein junges und engagiertes Ärzte-Ehepaar auf den Weg macht, mutig dem medizinischen (und vielleicht auch ökonomischen) Instinkt gehorchend, diesem gesellschaftspolitischen Ruf folgt. Sogar bis auf einen entlegenen Berg hinauf.

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